Haben Sie Angst davor, ein Ohrgeräusch zu bekommen? Oder ist Ihr Tinnitus abgeklungen und Sie wollen sichergehen, dass er nicht zurückkehrt? Dank dieses umfassenden Ratgebers mit 17 praktischen Tipps können Sie es aktiv verhindern. Vorbeugung ist besser als Heilung!
Tinnitus gilt längst als „neue Volkskrankheit“. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung im Westen leidet bereits unter chronischen Ohrgeräuschen, Tendenz steigend. Viele Betroffene erleben das Geräusch (meist ein Rauschen, Brummen, Pfeiffen oder Piepen) im Ohr als erhebliche Belastung und Beeinträchtigung.
Kennen Sie die Risikofaktoren
Das macht es natürlich eine Menge Sinn, sich der Risikofaktoren bewusst zu werden, die zur Entstehung eines Ohrgeräuschs führen. Nach der Lektüre dieses Ratgebers werden Sie in der Lage sein, diese Faktoren in Ihrem Leben genau zu identifizieren. So können Sie einem Tinnitus systematisch vorbeugen.
Unglücklicherweise ist das Thema Tinnitus-Vorbeugung bislang völlig vernachlässigt worden. Wird es einmal angesprochen, ist der „Rat“ obendrein leider fast immer komplett irreführend, indem er hauptsächlich auf die Vermeidung großer Lautstärken abzielt.
Sie werden wahrscheinlich gleich überrascht sein, dass dies in Wirklichkeit nur ein eher nachrangiger Risikofaktor ist. (Ironischerweise führt nämlich gerade das Bestreben vieler Menschen, ausgiebig die Stille zu suchen, zu einem Tinnitus. Dazu gleich mehr.)
Wir sehen uns die Risikofaktoren jetzt der Reihe nach an, in Anlehnung an zutiefst fundierte Ratschläge der Neurophysiologen Pawel J. Jastreboff und Jonathan W. P. Hazell, zwei der angesehensten und verdientesten Autoritäten in der Tinnitus-Forschung.
Den größten Nutzen ziehen Sie in Bezug auf Ihr persönliche Leben, wenn Sie die Risikofaktoren nicht isoliert betrachten. Es ist nämlich fast immer eine Kombination mehrerer Faktoren, die zu einem Tinnitus führt. Anders gesagt: Kommen mehrere Faktoren bei Ihnen zusammen, steigt das Risiko exponentiell!
Vermeiden Sie völlige Stille
Es ist bemerkenswert, dass sich der Tinnitus für die große Mehrheit der Betroffenen einstellt, wenn es still ist. „Häufig passiert es, wärend die Menschen daheim in einem stillen Raum sitzen oder nachts im Bett liegen“, sagt Jastreboff.
Wie kommt das bloß? Das erstaunliche „Stille-Raum-Experiment“ – zuerst im Jahr 1953 von den Hörforschern Heller & Bergmann unternommen, weist uns die Antwort: Die Wissenschaftler platzierten 80 Menschen – einen nach dem anderen – in einem speziellen, vollkommen schallgedämmten Raum. 94 Prozent von ihnen „hörten“ nach einer Weile ein Rauschen, Brummen, Surren, Pfeifen oder Zischen, also Geräusche, die exakt den typischen Tinnitus-Geräuschen entsprechen!
Die Erklärung ist einfach: Wenn wir nichts hören können, erhöht unser Gehirn die Verstärkung und Empfindlichkeit innerhalb der zentralen Hörbahnen. Ohne dass uns das bewusst wird, strengen wir uns an, irgendetwas zu hören. Deshalb kann in vollkommener Stille jedes subtile Geräusch, das von unserem Körper ausgeht (z.B. unser Atmen oder Herzschlag) unsere volle Aufmerksamkeit erregen.
Auf die gleiche Weise kann die gewöhnliche spontane Aktivität innerhalb unserer Hörbahnen, die zu jeder Zeit vorhanden ist, ohne das sie unsere bewusste Wahrnehmung erreicht, „gehört“ werden.
Die moderne Neurowissenschaft hat mittlerweile bestätigt, was das „Stille-Raum-Experiment“ schon vor Jahrzehnten andeutete: „Tinnitus“ ist mitnichten eine sonderbare, unerklärliche Angelegenheit. Es handelt sich schlichtweg um die bewusste Wahnehmung einer neuronalen Aktivität, die normalerweise nicht wahrgenommen wird.
Die Sache ist: In der heutigen Zeit verbringen die meisten von uns viel Zeit in sehr stillen Umgebungen, hinter dicken Wänden und Doppelglas-Fenstern. Gleichzeitig haben viele Menschen eine Überempfindlichkeit oder Abneigung gegenüber externen Geräuschen entwickelt, wahrscheinlich in Reaktion auf die große Hektik des Alltags. Ist das der Fall, kann man als aufdringlich und störend empfinden, wovon andere Menschen kaum Notiz nehmen. Obendrein erleben viele Menschen ein hohes Maß an Stress, der ebenfalls die Verstärkung in den Hörbahnen erhöht.
Wenn die Faktoren zusammenkommen, sind wir anfällig für Tinnitus. Genauer gesagt: Wir sind anfällig dafür, zuerst ein Tinnitus-Signal zu „entdecken“ und dann negativ darauf zu reagieren, wodurch es dazu neigt, bestehen zu bleiben.
Zu Ihrer Beruhigung sei gesagt: Kein einziger Teilnehmer am „Stille-Raum-Experiment“ entwickelte dereinst einen bleibenden Tinnitus. Das kurzzeitig wahrgenommene Rauschen, Brummen oder Pfeifen sank einfach wieder zurück in die Tiefen des Unterbewusstseins, weil die Teilnehmer sogleich wieder in eine Umgebung mit einem gewissen Geräuschpegel zurückkehrten und dem „Ohrgeräusch“ keine größere Bedeutung beimaßen.
„Insbesondere entwickelten die Teilnehmer keine Ängste in Bezug auf die Bedeutung der Geräusche, die sie im schalltoten Raum hörten, da sie verstanden, das es sich um ein vollkommen normales und natürliches Phänomen handelte“, hebt Jastreboff hervor.
Hier also die ersten Tipps zur Tinnitus-Vorbeugung:
(1) Suchen Sie keine totale Stille.
(2) Schützen Sie sich nicht übermäßig vor Geräuschen. (Wenn Sie z.B. in einer bereits relativ ruhigen Umgebung Ohrstöpsel benutzen würden, um überhaupt nichts mehr zu hören, würden sie unabsichtlich das „Stille-Raum-Experiment“ nachvollziehen!)
(3) Falls Sie bereits ein größeres Maß an Geräuschüberempfindlichkeit („Hyperakusis“) oder eine starke Abneigung gegenüber bestimmten Geräuschen oder Geräuschen im Allgemeinen („Misophonie“) entwickelt haben, lassen Sie sch mit einer kognitiven Verhaltenstherapie helfen. Es gibt hier bestens bewährte Methoden für eine Desensibilisierung.
(4) Vor allem: Wenn Sie jemals ein Tinnitus-Geräusch wahrnehmen, atmen Sie tief durch, bleiben Sie ruhig und lenken Sie sich ab. Dann wird das Geräusch mit großer Wahrscheinlichkeit schnell verschwinden.
Praktizieren Sie „Sound Enrichment“
Unter Sound Enrichment versteht man die aktive „Anreicherung“ der eigenen Umgebung mit angenehmen oder neutralen Geräuschen. Wenn Sie also in einem sehr ruhigen Raum sind, z.B. im Büro oder daheim, durchbrechen Sie die Stille, indem Sie gezielt für leise Hintergrundgeräusche sorgen.
Dafür gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, etwa leise Musik oder schöne Aufnahmen von Naturgeräuschen, ein Zimmerspringbrunnen, ein Windspiel oder gar ein offenes Kaminfeuer. Außerhalb des Winters genügt es oft schon, einfach das Fenster zu öffnen. Schon ist es viel unwahrscheinlicher, dass ein etwaiges kurzzeitig auftretendes Tinnitus-Geräusch zu Ihrer Aufmerksamkeit gelangt.
In Japan wird das Konzept des „Sound Enrichments“ schon seit Tausenden von Jahren geradezu zelebriert. Bis heute machen die Japaner eine wahre Kunst daraus, praktisch jedes Zuhause mit entspannenden Geräuschen von Wasser oder Wind anzureichern.
Im Gegensatz etwa zu manchen rastlosen, latent hysterischen Fernseh- oder Radiosendungen füllen die Klänge der Natur offensichtlich nicht nur die Leere der Stille, sondern werden allgemein auch als beruhigend und wohltuend empfunden.
Oder wie Jastreboff und Hazell sagen: „Ein seit langem bekannter Effekt von Naturgeräuschen ist, dass sie den Menschen beruhigen, indem sie die Aktivität des autonomen Nervensystems absenken. Kontinuierliche Hintergrundgeräusche von fließendem Wasser oder Ähnlichem schaffen daher eine Umgebung, in der es sehr viel unwahrscheinlicher ist, dass ein klinisch relevanter Tinnitus entsteht.“
Ein weiterer Vorteil von Naturgeräuschen gegenüber Musik oder Sprache (z.B. im Fernsehen oder Radio) ist, dass sie nicht mit einer bestimmten Stimmung oder Bedeutung aufgeladen sind. Daher ziehen sie kaum Aufmerksamkeit auf sich, sondern sorgen einfach für ein angenehm neutrales „Hintergrundrauschen“.
Die nächsten Tipps zur Tinnitus-Vorbeugung sind also:
(5) Machen Sie es sich zur Gewohnheit, sehr stille Umgebungen mit etwas leisem Hintergrund-Sound anzureichern. Diese Geräusche sollen neutral bis angenehm sein und Sie auf keinen Fall stressen.
(6) Naturgeräusche sind zu diesem Zweck besonders wirkungsvoll. Falls Sie dies gern einmal ausprobieren möchten, finden Sie auf dieser Website im Bereich „Klangtherapie“ ein herausragendes Bundle mit außergewöhnlich „leichten“ und „sanften“ Naturklängen. (Wir haben diese speziell zur Tinnitus-Therapie angefertigt; zur Vorbeugung sind sie aber ebenso gut geeignet.)
Vermeiden Sie übermäßigen Lärm
Drehen Sie Ihre Musik gern laut auf? Setzen Sie sich hohen Lautstärkepegeln auf Konzerten, in Clubs oder bei Sportveranstaltungen aus? Oder arbeiten Sie in einer lauten Umgebung? Dann sind Sie gut beraten, Ihr Gehör zu schützen.
Hohe Lautstärkepegel führen leider dazu, dass im Innenohr die hochsensiblen äußeren Haarzellen der Hörschnecke reichlich „durcheinandergebracht“ oder gar geschädigt werden. Die Haarzellen übersetzen die mechanischen Schwingungen äußerer Geräusche in Neurvenimpulse. Zuweilen kann bereits eine kleine, nur vorrübergehende Schädigung innerhalb des komplexen Hörorgans als ein Auslöser für einen Tinnitus fungieren.
Genauer gesagt: Jede Schädigung der äußeren Haarzellen führt zu einem erhöhten Maß an abnormer und kompensatorischer Aktivität in den zentralen Hörbahnen des Gehirns. Diese Aktivität kann dann als Tinnitus wahrgenommen werden.
Wieder gilt: Die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen eines Tinnitus ist umso größer, wenn bereits eine Geräuschüberempfindlichkeit oder -abneigung besteht. Oder wenn ein hohes Maß an Stress oder Anspannung bereits für eine übermäßige Verstärkung innerhalb des Hörsystems sorgen, dieses sich also in einem Zustand erhöhter Wachsamkeit und Alarmbereitschaft befindet.
Das Tinnitus-Risiko ist am größten, wenn das Gehör sehr abrupt geschädigt wird, etwa durch eine Explosion, ein lautes Rockkonzert oder einen Hörsturz.
Entwickelt sich der Hörschaden dagegen ganz allmählich über einen langen Zeitraum, führt dies weit weniger häufig zu einem Tinnitus. So hat die große Mehrheit schwerhöriger Menschen keinen Tinnitus.
Hörschäden durch übermäßige Lautstärke sind also auf jeden Fall ein wichtiger Risikofaktor. Die Rolle dieses Faktors sollte jedoch nicht übertrieben werden, warnen Jastreboff and Hazell.
Beherzigen Sie zur Vorbeugung aber Folgendes:
(7) Setzen Sie sich beim Musikhören oder anderen Aktivitäten keinen Lautstärken aus, die Ihr Gehör schädigen könnten. Die Schwelle liegt hier bei rund 80 Dezibel, was etwa der Lautstärke eines Rasenmähers entspricht.
(8) Wird diese Lautstärke überschritten, z.B. bei einem Konzert, benutzen Sie einen hochwertigen Gehörschutz. (Ich empfehle dazu wärmstens die „Sonic Defenders“ der Marke Surefire, die für rund 20 Euro erhältlich sind. Diese senken die Lautstärke gleichmäßig über fast das gesamte Frequenzspektrum, sodass der Sound zwar leiser, aber trotzdem recht klar und ausgewogen ist. Überhaupt kein Vergleich zu einfachen Oropax, die lediglich die Mitten und Höhen dämpfen, die Bässe aber in voller Wucht durchlassen. Das klingt dann bestenfalls dumpf.)
(9) Nichtsdestotrotz: Seien Sie nicht übervorsichtig oder überängstlich, was etwas lautere Geräusche angeht. Dies wäre für Sie ebenso riskant. Geräusche aller Art sind ein integraler Bestandteils des Lebens.
Hüten Sie Ihre Hörschnecke
Abgesehen von übermäßiger Lautstärke gibt es noch eine Reihe anderer Faktoren, die zu Störungen oder Schäden in der Hörschnecke (Cochlea) führen können – mit dem gleichen Effekt. Dazu gehören unter anderem Infektionen im Hals-, Nasen-, Ohrenbereich, Durchblutungsstörungen, eine Fehlstellung von Kiefer oder Nacken sowie diverse Medikamente wie Antibiotika und Antidepressiva.
Beherzigen Sie also diese Tipps:
(10) Sie können es natürlich nicht völlig vermeiden, sich mal eine Erkältung oder sonstige Infektin einzufangen. Wenn Sie aber krank sind, kurieren Sie sich gut aus und – metaphorisch gesprochen – gehen Sie nicht ins Berghain (berüchtigter Berliner Techno-Club mit extrem lautem Sound-System)!
(11) Durch eine gute Durchblutung und Nährstoffversorgung bleibt Ihr Innenohr gesund und widerstandsfähig. Wenn Sie also einen weiteren Grund bräuchten, sich mehr zu bewegen, gesund zu essen oder nicht zu rauchen: das wäre einer.
(12) Falls Sie Verspannungen oder gar Schmerzen im Kiefer- oder Nackenbereich haben, lassen Sie sich von einem (Kiefer-)Orthopäden oder Osteopathen behandeln.
(13) Wenn Sie anfällig für Tinnitus sind, vermeiden Sie so weit wie möglich Medikamente, die Nebenwirkungen wie Hör- oder Gleichgewichtsstörungen verursachen können (siehe Packungsbeilage).
Bauen Sie negativen Stress ab
Stehen Sie im Beruf, an der Universität oder im Privatleben sehr unter Druck? Sind Sie schnell verärgert oder wütend? Fühlen Sie sich häufig unausgegliechen?
Neigen Sie dazu, sehr selbstkritisch zu sein, sehr hohe Erwartungen an sich selbst zu stellen? Machen Sie sich viele Sorgen? Fühlen Sie sich oft niedergeschlagen, erschöpft oder frustriert?
Wenn Sie eine oder mehrere dieser Fragen mit einem klaren „Ja“ beantworten können, ist es sehr wahrscheinlich, dass Ihr Körper und Ihre Psyche unter allzu viel Stress stehen, und zwar schon deutlich zu lange. Was aber hat Stress mit Tinnitus zu tun?
Nun, Stress – in seinen vielen negativen Formen – ist der Tinnitus-Risikofaktor schlechthin. Stress trägt ganz maßgeblich zur Entstehung eines Ohrgeräusches bei. Stress ist verantwortlich dafür, dass ein Tinnitus bestehen bleibt und zum Problem wird. Und schließlich kann Stress einen bestehenden Tinnitus auch verschlimmern.
Wir haben bereits kurz erwähnt, dass Stress die Verstärkung und Empfindlichkeit innerhalb der zentralen Hörbahnen des Gehirns streigert. Ganz einfach ausgedrückt: Stress verstärkt potenzielle Tinnitus-Signale.
Der große evolutive Nutzen von Stress ist es, unseren gesamten Organismus zu aktivieren, einschließlich unserer Sinne. Millionen Jahre lang hat uns dieser Mechanismus geholfen, Gefahren zu erkennen und besser auf sie zu reagieren.
In Bezug auf Tinnitus kann solch ein Zustand erhöhter Aufmerksamkeit und Wachsamkeit und die damit einhergehende Verstärkung auditiver neuronaler Aktivität den ganzen Unterschied machen.
Stellen Sie sich innerhalb der Hörbahnen einen stetiges Treiben spontaner, kompensatorischer und immer wieder auch irregulärer Aktivitäten vor. Diese Aktivitäten sind für uns so völlig bedeutungslos wie die exakten Rechenoperationen eines Computers weit unterhalb der Ebene der Betriebssystemoberfläche.
Eine stressbedingte erhöhte Aufmerksamkeit und Verstärkung jedoch kann das sonst geschlossene „Tor“ gerade weit genug öffnen, dass solche Aktivitäten die Ebene der bewussten Wahrnehmung erreichen! Dann „hört“ man einen Tinnitus.
Mehr noch: Ist dies erst einmal geschehen, kann Stress schon wieder den ganzen Unterschied machen. Denn wenn wir bereits vor dem Eintreten des Tinnitus gestresst, reizbar und unausgeglichen sind, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass die seltsame Wahrnehmung eine „Ohrgeräuschs“ negative emotionale und körperliche Reaktionen hervorruft.
Der gleiche Tinnitus, den ein entspannter Mensch möglicherweise eher neutral wahrnehmen und wieder „ausklingen“ lassen würde, kann dann wirken wie ein Alarm und unsere volle Aufmerksamkeit erregen, wie ein wildes Tier, das uns bedroht. Unglücklicherweise markiert genau dies sehr oft den Beginn eines Teufelskreises, der die Aufrechterhaltung des Tinnitus zur Folge hat.
Zudem gibt es noch weitere Aspekte von Stress, die seine Rolle als Hauptrisikofaktor noch untermauern. Zum Beispiel verursacht chronischer Stress (der meist als anhaltende Erschöpfung oder Müdigkeit empfunden wird) häufig Durchblutungsstörungen, was widerum die Funktion des Innenohrs beeinträchtigt.
Außerdem ist bekannt, dass eine anhaltend starke psychische Belastung durch negativen Stress eine der häufigsten Ursachen für einen Hörsturz ist – der regelmäßig einen Tinnitus auslöst. Und schließlich schwächst Stress auch unser Immunsystem, was uns anfälliger für Krankheiten macht, wie z.B. einer Ohrenentündung.
Nun können und wollen wir natürlich nicht jede Art von Stress vermeiden. Es gibt überhaupt keinen Grund, Angst zu haben vor Stress an sich. Im Gegenteil: Stress ist ein normaler Bestandteil des menschlichen Lebens, und viele Arten von Stress fühlen sich sogar ehr gut an und sind nicht im Mindesten schädlich, etwa positive Aufregung.
Beherzigen Sie einfach diese Tipps zur Vorbeugung:
(14) Wenn Sie über einen langen Zeitraum oder immer wieder stark unter Druck stehen (mit dem Gefühl, dass alles zuviel wird), oder wenn Sie sich häufig reizbar, verägert, ängstlich, unausgeglichen oder besorgt fühlen, dann ergreifen Sie Maßnahmen zur Besserung Ihres Zustandes.
(15) Identifizieren Sie die Gründe für Ihr Gestresstsein. Das können äußere Gründe sein (wie die Lebensumstände, traumatische Erlebnisse oder Menschen, mit denen Sie zu tun haben. Und ebenso innere Gründe (z.B. die Art und Weise, wie Sie mit Schwierigkeiten umgehen, schädliche Wahrnehmungs- und Denkmuster, Ängste oder negative Überzeugungen).
(16) Bauen Sie negativen, anhaltenden Stress aktiv ab. Treiben Sie Sport. Machen Sie eine schöne Reise. Arbeiten Sie weniger. Nehmen Sie sich mehr Zeit für Dinge, die Ihnen Freude bereiten. Kultivieren Sie eine positive Lebenseinstellung. Seien Sie nachsichtiger mit sich selbst. Manchmal kann es ratsam sein, den Job zu wechseln, eine schädliche Beziehung zu verlassen (bzw. zu „heilen“!), oder eine Psychotherapie zu unternehmen. Man kann grundsätzlich sagen: Alles was Ihnen gut tut, wirkt auch einem Tinnitus entgegen.
Vermeiden Sie „negative Beratung“
Sie haben nun ein ziemlich tiefgründiges Verständnis über die Natur von Ohrgeräuschen erlangt. Wenn Sie zumindest einen Teil der Ratschläge beherzigen, ist es nun sehr viel unwahrscheinlicher, dass Sie einmal einen Tinnitus entwickeln bzw. erneut bekommen.
Denken Sie daran: Vorbeugung ist besser als Heilung. Ganz klar: Kein Mensch braucht einen Tinnitus, ebenso wenig wie schlechte Augen, Kniebeschwerden oder Diabetes. Gleichwohl ist mein letzer Rat folgender:
(17) Haben Sie keine allzu große Angst.
Es gibt leider ein riesiges Wirrwar von falschen und irreführenden Informationen über Ohrgeräusche, sehr viel Unwissenheit auch auf Seiten von Ärzten und Heilpraktikern – und eine Menge Angstmacherei, befeuert durch viele (freilich ganz reale) Leidensgeschichten von Betroffenen.
Glauben Sie niemals einem Arzt oder Tinnitus-Betroffenen, dass „man da nichts machen kann“, dass Tinnitus nicht heilbar ist usw. Eben diese Art von „negativer Beratung“ (engl.: negative counseling) ist ein ganz wesentlicher Grund dafür, warum ein „frischer“ Tinnitus zum Problem und zum Leiden wird.
Die Neurophysiologen Jastreboff und Hazell, die Jahrzehnte lang die Natur des Tinnitus erforscht (und erfolgreich behandelt haben), fordern eine Herangehensweise, die deutlich optimistischer ist – und die Statistik berücksichtigt: Etwa 80 Prozent der Menschen, die einen anhaltenden Tinnitus entwickeln, machen die Erfahrung, dass die anfängliche Belastung durch ein Ohrgeräusch und auch die Aufmerksamkeit dafür allmählich schwinden, sogar ohne eine Behandlung! Und für alle anderen gibt es erfolgreiche, vielfach bewährte Methoden, genau dies zu erreichen und die Genesung zu forcieren.
Zwar gibt es in der Tat viele Menschen, die sehr stark unter einem Tinnitus leiden. (Ich gehörte übrigens auch einmal dazu.) Das liegt aber in erster Linie daran, dass sie nach dem Entstehen des Geräuschs nicht die richtigen Maßnahmen ergriffen haben.
Ein Rauschen, Brummen, Pfeifen oder Piepen im Ohr kann definitiv eine große Herausforderung sein (so wie viele andere gesundheitliche Probleme auch). Jedoch bin ich fest davon überzeugt, dass jeder Betroffene diese Herausforderung meistern und zumindest weitgehend genesen kann, vorausgesetzt er oder sie unternimmt die richtigen Schritte. (Falls jemand Unterstützung dabei brauchen kann, einen Tinnitus „loszulassen“, helfe ich natürlich gern.)
Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Ratgeber Sie davor bewahrt, jemals (wieder) einen Tinnitus zu bekommen. Bitte geben Sie diesen Ratgeber doch an Freunde, Bekannte, Familienangehörige oder Kollegen weiter. Sie könnten ihnen damit einen großen Gefallen tun.
JS
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