Wer seit Kurzem unter einem Ohrgeräusch leidet, wähnt sich leicht in einem „Kampf gegen die Zeit“. Denn nach drei Monaten wird ein Tinnitus „chronisch“, heißt es oft. Doch was bedeutet das überhaupt? Wir räumen hier mit weit verbreiteten Missverständnissen auf und erklären Ihnen zugleich, welche Behandlungen nach Studienlage mit Abstand am erfolgreichsten sind.
Die Uhr tickt. Oder?
Viele Tinnitus-Betroffene haben Angst oder werden sogar regelrecht panisch, da bald – nach drei Monaten – die Akutphase „abläuft“, womit das Ohrgeräusch vermeintlich „chronisch“ wird.
Andere sind besorgt oder frustriert, weil die vermeintliche „Schwelle“ zum chronischen Tinnitus bereits überschritten ist, und fragen: Kann ein chronischer Tinnitus noch geheilt werden?
Die Sorge, dass das lästige Ohrgeräusch nach Erreichen einer bestimmten Zeitmarke nicht mehr verschwinden kann, verstärkt die Tinnitus-Belastung leider häufig noch oder mündet in einen „Behandlungs-Aktionismus“.
Viel hilft nicht viel
Betroffene versuchen dann, möglichst schnell möglichst viel zu unternehmen – in der Hoffnung, sie würden damit ihre Chancen steigern, dass das Geräusch noch abklingt.
Allerdings herrscht große Einigkeit unter Tinnitus-Experten, dass ein kopfloses „Therapy Hopping“ – also ein „Hüpfen“ von einer Untersuchung oder Behandlung zur nächsten – fast immer kontraproduktiv sind. Das gleiche gilt für eine wahllose, übermäßige Beschäftigung mit dem Thema Tinnitus.
Was aus Sicht des Betroffenen verständlicherweise eine Lösung herbeiführen soll, wird dann schnell Teil des Problems – und begünstigt häufig eher ein Verfestigen des Tinnitus als die Genesung.
Auch ein Übermaß von Angst, Stress, Sorgen, Frustration usw. sind – so menschlich und verständlich diese Gefühle angesichts eines belastenden Tinnitus sind – einer Heilung oder Linderung stark abträglich.
Durchblick statt Sorgen
Wir wollen Ihnen daher hier etwaige diffuse Ängste nehmen und Ihnen helfen, Ihre Situation klarer einzuschätzen. Sie erhalten dabei Antworten unter anderem auf diese Fragen:
- Was ist ein „chronischer Tinnitus“? Wann wird ein akuter Tinnitus „chronisch“?
- Kann ein „chronischer“ Tinnitus noch verschwinden?
- Wie können Sie die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Tinnitus abklingt? Was sollten Sie dafür unbedingt vermeiden?
- Welche Therapien sind bei einem chronischen Tinnitus nachweislich mit Abstand am wirksamsten?
Der chronische Tinnitus
Ein Tinnitus ist ein länger anhaltendes „Phantomgeräusch“, das nicht auf äußeren Schall oder leise Geräusche des Körpers zurückgeht, sondern erst innerhalb des Hörsystems erzeugt wird.
Dabei „funkt“ das vermeintliche „Ohrgeräusch“ nicht, wie man früher einmal dachte, aus dem Ohr. Die Nervenaktivität, die man als Tinnitus wahrnimmt, entsteht vielmehr immer erst am anderen Ende des Hörnervs: im Hörzentrum des Gehirns.
Was sind die Ursachen?
Nach dem integralen Tinnitus-Modell (das die einschlägige Forschung ordnet und vom Autor dieses Artikels begründet wurde) gibt es nur zwei übergeordnete Ursachen für einen Tinnitus:
- Hörstörungen, bedingt durch Schwerhörigkeit, Hörsturz, Lärm, Infektionen und andere Erkrankungen des Ohres, Kiefer- oder Halswirbelsäulenstörungen, Medikamente usw.
- eine übermäßige Empfindlichkeit im Hörsystem, insbesondere aufgrund von Stress oder Geräuschüberempfindlichkeit (Hyperakusis).
Meist wird ein Tinnitus erst ausgelöst, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen, zum Beispiel wenn zu einer bereits bestehenden Hörminderung Lärm, großer Stress oder eine Mittelohrentzündung hinzukommen.
Wenn ein Tinnitus durch eine Hörminderung (mit-)verursacht wurde, dann liegt die Frequenz (Tonhöhe) des Tinnitus übrigens meist im Bereich des größten Hörverlustes. Besonders weit verbreitet ist ein relativ hoher Tinnitus bei einer Hörminderung in den höheren Frequenzen.
Wie klingt der Tinnitus?
Das Ohrgeräusch klingt in den meisten Fällen wie ein Pfeifen, Zischen, Rauschen, Sausen, Piepen oder Brummen. Aber auch viele andere Geräusche kommen vor, zum Beispiel Klopfen, Rasseln oder Scheppern.
Meist ist der Tinnitus ein relativ konstantes Geräusch, wobei die wahrgenommene Lautheit und damit die Belastung in der Regel mehr oder weniger stark schwankt. Es kommt aber auch vor, dass das Geräusch stark fluktuiert oder immer wieder kommt und geht.
Gerade innerhalb der ersten Wochen und Monate ist es zudem nicht ungewöhnlich, dass sich ein Tinnitus verändert, sodass zum Beispiel aus einem Rauschen oder Sausen ein Pfeifen wird.
Wann wird Tinnitus „chronisch“?
Je nachdem, wie lange das Geräusch schon andauert, sprechen Ärzte von einem akuten oder chronischen Tinnitus. Besteht das Ohrgeräusch erst seit wenigen Tagen oder Wochen (bis maximal drei Monate), handelt es sich in jedem Fall um einen akuten Tinnitus.
Wann dann allerdings der „chronische“ Tinnitus beginnt, darüber gibt es unter Ärzten und Forschern unterschiedliche Auffassungen.
Weit verbreitet ist im deutschsprachigen Raum die besonders simple Einstufung, wonach sich direkt im Anschluss an eine die dreimonatige Akutphase der „chronische“ Tinnitus anschließt.
So wird es denn auch in der Leitlinie „Chronischer Tinnitus“ der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde postuliert, an der sich die meisten Ärzte (und auch die Krankenversicherungen) orientieren.
In einer anderen international gebräuchlichen (und aus unserer Sicht deutlich besseren) Einstufung gibt es noch eine Zwischenphase, den „subakuten Tinnitus“. Hier lautet die Abfolge so:
- akuter Tinnitus: bis zu 3 Monate Dauer
- subakuter Tinnitus: mehr als 3 Monate bis 6 Monate Dauer
- chronischer Tinnitus: mehr als 6 Monate Dauer
Nach einer dritten, ebenfalls gebräuchlichen Einstufung erstreckt sich die subakute Phase sogar bis zum zwölften Monat. Dann wird der Tinnitus erst bei einer Dauer von mehr als einem Jahr „chronisch“.
Eine Grenze auf dem Papier
Die vermeintliche „Grenze“ zwischen dem akuten und chronischen Tinnitus besteht in jedem Fall nur auf dem Papier. Sie ist de facto nicht mehr als eine recht willkürliche Übereinkunft, auf die sich eine größere Zahl von Medizinern beim Tinnitus einstweilen geeinigt hat.
Für andere Erkrankungen gilt anderes: So wird ein Husten – gemäß einer Übereinkunft – bereits nach acht Wochen „chronisch“, eine Depression wiederum erst nach zwei Jahren. Auch beim Tinnitus hätte die Grenze anders gezogen werden können.
Der springende Punkt ist:
Im Hörsystem Ihres Gehirns (und auch in Ihren Ohren) gibt es definitiv keinerlei neurophysiologische Vorgänge, die nach zwei, drei, sechs oder zwölf Monaten plötzlich einen Schalter umlegen und die Chance auf ein Abklingen des Tinnitus abrupt drastisch mindern.
Anders gesagt:
Für die Vorstellung, dass ein akutes Ohrgeräusch nach z.B. drei Monaten plötzlich auf „chronisch“ umspringt, gibt es schlichtweg keinerlei wissenschaftliche Grundlage.
Erliegen Sie also bitte nicht dem weit verbreiteten Missverständnis, die vermeintliche „Grenzmarke“ von drei (oder sechs) Monaten für etwas Reales zu halten.
Wie es so schön heißt:
Die Landkarte ist nicht die Landschaft. Und bei einer besonders groben Landkarte, die gar nur zwei Werte – akut und chronisch – kennt, ist die wirkliche Landschaft natürlich denkbar weit davon entfernt und weitaus komplexer.
„Chronisch“ heißt nicht „für immer“!
Das Missverständnis in Bezug auf die vermeintliche „Drei-Monate-Grenze“ geht nach unserer Erfahrung für Tinnitus-Betroffene meist einher mit einem Missverständnis in Bezug auf den Begriff „chronisch“.
Denn „chronisch“ bedeutet in der Sprache der Medizin mitnichten „unheilbar“, sondern ganz schlicht und neutral, dass eine Erkrankung bzw. ein Symptom schon relativ lange bzw. seit längerer Zeit besteht.
Auch in Bezug auf das Phänomen Tinnitus bedeutet „chronisch“ lediglich so viel wie „lange andauernd“ und nicht, dass das Geräusch „für immer“ bleibt.
Fließender Übergang
Fakt ist:
In einer deutlichen Mehrheit der Fälle klingt ein neu aufgekommener Tinnitus wieder ganz ab. Meist geschieht das allerdings in den ersten Tagen und Wochen.
In dieser Phase kommt es sehr häufig zu einer sogenannten Spontanheilung, bei der das Ohrgeräusch einfach plötzlich verschwindet.
Letztlich gibt es in Bezug auf die Heilungschancen einen fließenden Übergang von „sehr groß“ (am Anfang) bis „verschwindend klein“ (nach vielen Jahren).
Als Faustregel gilt:
Die Chance, dass ein Tinnitus wieder vollständig abklingt, nimmt ab dem ersten Tag seines Bestehens allmählich immer weiter ab. Je länger der Tinnitus besteht, desto wahrscheinlicher wird es, dass er bestehen bleibt.
Auch ein „chronischer“ Tinnitus, der schon seit drei Monaten oder länger besteht, klingt aber in vielen Fällen noch vollständig ab.
Selbst nach ein oder zwei Jahren kommen Spontanheilungen vor – auch ohne spezielle Behandlungen. Nach einer solch langen Zeit ist ein Abklingen des Tinnitus allerdings die große Ausnahme.
Laut der Deutschen Tinnitus-Liga verlieren „knapp 30 Prozent der Menschen ihren chronischen Tinnitus auch noch nach fünf bis zehn Jahren“. Auch wenn diese Zahl nach unserer Einschätzung wohl zu hoch gegriffen ist: Dass ein „chronischer“ Tinnitus häufig noch verschwindet, ist völlig unstrittig.
Tinnitus ≠ Leiden
Was Sie aber noch viel mehr beruhigen sollte:
Selbst wenn das Ohrgeräusch bestehen bleibt, können Sie damit ein ganz normales, unbeeinträchtigtes Leben führen.
Laut Tinnitus-Liga erreichen 75 Prozent der Betroffenen letztlich „ein unbeschwertes Leben“ – und zwar mit der richtigen Hilfe und vor allem Selbsthilfe „noch erheblich früher und besser“.
„Der Begriff ‚chronischer Tinnitus‘ besagt also lediglich, dass Sie andauernde Ohrgeräusche haben. Er besagt nicht, dass Sie deswegen leiden müssen oder krank sind“,
stellt die Tinnitus-Liga fest.
Wer nach einigen Wochen oder Monaten relativ stark unter einem Tinnitus leidet, geht meist ganz selbstverständlich davon aus, dass der Ausweg aus diesem Leiden nur in einem Verschwinden des Tinnitus bestehen kann.
Man kann sich dann kaum vorstellen, dass es möglich – und sogar gezielt machbar – ist, unter diesem Geräusch nicht mehr zu leiden.
Dabei ist es eine durch viele Studien belegte Tatsache, dass eine Mehrheit der Menschen, die einen Tinnitus hat, gar nicht (oder jedenfalls nicht nennenswert) darunter leidet.
„Die haben auch nicht meinen Tinnitus!“, heißt es dann. Aber das stimmt nicht. Denn die Forschung hat ganz klar ergeben, das es nicht von den Merkmalen des Tinnitus (Art des Geräuschs, Lautheit, Höhe usw.) abhängt, ob man darunter leidet oder nicht.
Sie können tatsächlich fest davon ausgehen, dass viele Menschen auf der Welt ziemlich genau Ihren Tinnitus haben – aber gar nicht darunter leiden.
Heilsame Habituation
Dies hat nur einen einzigen Grund, der fest in jedes Gehirn – auch in Ihres – eingebaut ist:
Der menschliche Wahrnehmungsapparat gewöhnt sich an gleichbleibende, ungefährliche Reize und blendet diese dann allmählich immer weiter aus – damit wir uns auf Wichtigeres konzentrieren können.
Dieser natürliche Mechanismus wird von Therapeuten „Habituation“ (Gewöhnung) genannt. Bei einem Tinnitus führt die Habituation dazu, dass das Geräusch nicht mehr stört, weshalb man es dann weitgehend überhört.
Es geht also ganz und gar nicht um eine Gewöhnung an das Leiden oder die missliche Lage. Das genaue Gegenteil ist der Fall.
Denn indem Ihr Gehirn den Tinnitus ausblendet, verschwindet alles, was ein Tinnitus-Leiden ausmacht: die ständige körperliche und psychische „Alarmzustand“, die typischen Gefühlsreaktionen wie Genervt- und Bedrohtsein, Angst, Ohnmacht, Traurigkeit oder Ärger, die innere Unruhe und körperliche Anspannung, die ständige Aufmerksamkeit für den Tinnitus, Konzentrations- und Schlafstörungen usw.
Das Problem ist nur:
Häufig entwickelt sich schon in der frühen Akutphase eines Tinnitus ein verhängnisvoller Teufelskreis, der den heilsamen Vorgang der Habituation blockiert.
Wer nämlich auf den Tinnitus sehr alarmiert und besorgt reagiert, widmet dem Geräusch zwangsläufig sehr viel Aufmerksamkeit. Dadurch erscheint der Tinnitus umso lauter und wichtiger, was die körperliche und psychische „Alarmreaktion“ noch mehr anfacht – weshalb man umso mehr auf den Tinnitus fokussiert… Und so weiter.
Wenn sich diese Negativspirale allzu lange dreht, stuft das Gehirn den Tinnitus bald dauerhaft als bedrohlich und äußerst wichtig ein – obwohl das Geräusch im Grunde völlig harmlos und irrelevant ist.
Der heilsame Gewöhnungsvorgang kommt dann nicht in Gang. Oder er läuft nur quälend langsam ab und bleibt auf einem unbefriedigenden Niveau stehen. All dies ist neurowissenschaftlich längst gut erforscht.
Das Erfreuliche aber ist:
Wer hier auf der Stelle tritt und im Leiden zu verharren droht, kann das Unwichtigwerden, Ausblenden und Überhören des Tinnitus mit bewährten Maßnahmen ganz gezielt selbst herbeiführen.
Die beste Behandlung: Was hilft bei chronischem Tinnitus?
Im Kern haben Sie bei einem seit drei, sechs oder mehr Monaten bestehenden Tinnitus zwei Optionen:
- eine habituationsorientierte Behandlung, die ganz gezielt eine Habituation – also das Unwichtigwerden und Ausblenden – des Tinnitus ermöglicht, oder
- eine ursachenorientierte Behandlung, bei der man (weiter) nach möglichen „Ursachen“ des Ohrgeräusches sucht bzw. Störungen, die eventuell als Ursache bzw. Auslöser in Frage kommen, behandelt.
Deutlich sinnvoller und erfolgreicher ist der erste Weg, während der zweite umso weniger Aussicht auf Erfolg bietet, je länger der Tinnitus schon besteht.
Habituations-Therapien
Generell gibt es nach Studienlage zur Therapie eines längeren Tinnitus-Leidens folgende bewährte, sehr erfolgreiche Therapien:
- die Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT), die das Leiden systematisch auf mehreren Ebenen zugleich abbaut, und zwar mit einer Mischung aus spezieller Aufklärung, Klangtherapie, Entspannungstherapie und psychologischen Maßnahmen;
- die Tinnitus-Bewältigungs-Therapie, welche die Elemente der aktuellen TRT weitgehend übernimmt, aber noch etwas stärker kognitiv-verhaltenstherapeutisch ausgerichtet ist; und schließlich
- die Tinnitus-spezifische kognitive Verhaltenstherapie, die ebenfalls weitgehend mit der TRT und TBT übereinstimmt.
Ergänzend kann außerdem eine Hypnotherapie angewandt werden. Das ist allerdings nur ratsam, wenn der Hypnotherapeut eine gewisse Spezialisierung in der Tinnitus-Therapie hat und die einschlägigen Behandlungsmanuals kennt.
Wenn zusätzlich zum Tinnitus eine allgemeine Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen („Hyperakusis“) besteht, muss diese unbedingt systematisch mitbehandelt werden. Denn mit einer Hyperakusis werden nicht nur alltägliche Umweltgeräusche lauter wahrgenommen, sondern auch der intern erzeugte Tinnitus.
Indem die Geräuschüberempfindlichkeit gezielt abgebaut wird, erleben Sie automatisch auch den Tinnitus als leiser und weniger belastend. Das erleichtert die Habituation des Ohrgeräusches enorm.
Grenzen der Ursachenforschung
Eine ursachenorientierte Behandlung ist nach mehreren Monaten grundsätzlich nur noch sinnvoll, wenn es konkrete Hinweise auf organische Ursachen bzw. Einflussfaktoren gibt.
Ganz klar: Jeder neu aufgetretene Tinnitus sollte zügig und gründlich von einem guten HNO-Arzt untersucht werden.
Und wenn sich dabei konkrete Anhaltspunkte für körperliche Ursachen ergeben, sollten diese unbedingt weiter abgeklärt und gegebenenfalls gut behandelt werden. Wenn der Tinnitus zum Beispiel im Zuge einer Mittelohrentzündung aufgekommen ist, sollte die Infektion möglichst schnell zum Abklingen gebracht werden.
Wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Tinnitus durch eine Kiefer- oder Halswirbelsäulenstörung ausgelöst wurde, sollte – je nach Art der Beschwerden – schnellstmöglich ein guter Chiropraktiker, Osteopath, Physiotherapeut, Orthopäde oder Kieferorthopäde aufgesucht werden.
Untersuchungen und Behandlungen möglicher körperlicher Ursachen sollten allerdings möglichst bereits in frühen Akutphase angegangen werden. Je mehr Zeit vergeht, desto geringer sind die Erfolgsaussichten.
Und zwar aus einem ganz einfachen, sehr wichtigen Grund:
Ein Tinnitus verselbständigt sich in der Regel schnell. Das Geräusch kann dann fortbestehen, selbst wenn die ursprünglichen Ursachen bzw. Auslöser im Nachhinein behoben werden.
Viele Betroffene nehmen allerdings aus schierer Unkenntnis an, ein Tinnitus würde nur deshalb fortdauern, weil auch die Ursache andauere. In dieser Logik müsste man dann bloß endlich die Ursache finden und richtig behandeln, dann würde der Tinnitus abklingen.
Dies ist jedoch leider ein Irrtum. Ein Irrtum, der oft in eine jahrelange Ursachenforschung und zahllose vergebliche Behandlungsversuche mündet – obwohl die Erfolgsaussichten dafür oft schon nach einigen Wochen zunehmend gegen Null tendieren.
Hinzu kommt, dass es in vielen Tinnitus-Fällen schlichtweg nie eine behandelbare körperliche Ursache gegeben hat, auch nicht in der frühen Akutphase.
Denn ein Tinnitus wird häufig durch kurzzeitige, nur vorübergehende Hörstörungen ausgelöst, hervorgerufen z.B. durch Lärm, Infekte oder Medikamente. Solche Hörstörungen können sich im Hörsystem durch bestimmte Ausgleichs- und Rückkopplungsvorgänge zu einem länger anhaltenden Tinnitus „aufschaukeln“.
Eine Hörschädigung, die man anschließend irgendwie behandeln könnte, braucht es dafür gar nicht.
Selbstredend gibt es in solchen Fällen beim chronischen Tinnitus dann erst Recht nichts mehr, was man noch finden oder behandeln könnte.
Grundsätzlich sind ursachenbezogene Untersuchungen und Behandlungen bei einem chronischen Tinnitus selten erfolgreich. Möglich ist ein Erfolg nur,
- wenn die Ursache noch andauert und
- der Tinnitus sich noch nicht verselbständigt hat.
Nach drei Monaten ist daher eine entsprechende Behandlung unter Umständen noch einen Versuch wert. Nach einem Jahr wäre die gleiche Behandlung wahrscheinlich sinnlos.
Entscheidend für das richtige Vorgehen ist aber immer eine gründliche individuelle Diagnose durch qualifizierte Ärzte oder Therapeuten. Bitte nutzen Sie diese Hinweise daher nicht zur Selbstdiagnose.
Ein Tinnitus wird im Gehirn durch Rückkopplungen verstetigt und verstärkt, die sich vor allem aus der Stressreaktion und der Aufmerksamkeit für das Geräusch speisen.
Gewusst wie
Wenn Sie Ihre Genesung systematisch angehen wollen, dann sei Ihnen das Große Tinnitus-Heilbuch ans Herz gelegt. Es bündelt die erwiesenermaßen wirksamsten Heilungsstrategien zu einem einzigartigen Selbsthilfeprogramm.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, teilen Sie ihn doch mit Ihren Freunden, Bekannten oder Kollegen: